Das Verhalten von Pflanzenölen bei der thermischen Zersetzung und der Desoxygenierung zu regenerativen Energieträgern
Publication date
2016
Document type
PhD thesis (dissertation)
Author
Augustin, Christian
Advisor
Niemeyer, Bernd
Referee
Willner, Thomas
Granting institution
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Exam date
2016-03-03
Organisational unit
DOI
Part of the university bibliography
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DDC Class
620 Ingenieurwissenschaften
Keyword
Triglyceride
Rapsöl
Desoxygenierung
Alternativkraftstoff
Kinetik
Abstract
Im Rahmen der Bemühungen, erneuerbare dieselähnliche Kraftstoffe bereitzustellen, werden in dieser Arbeit experimentelle Untersuchungen zur thermischen Desoxygenierung von Triglyceriden am Beispiel von Rapsöl unter Anwendung der Reaktivdestillation bei Atmosphärendruck im 4 Liter Labormaßstab durchgeführt. Dabei stehen die Einflussgrößen Zeit und Temperatur im Zentrum. Aus dem Zeitverhalten wird ein mathematisches Modell für die Kinetik der Desoxygeneriung erstellt. Im Hinblick auf die Kraftstoffqualität wird ein geringer Grad an Aromatisierung angestrebt. Außerdem sollen Gasverluste minimiert werden. Für diese Zielsetzung lässt sich aus der Literatur ein optimaler Temperaturbereich von 350 bis 400 °C ableiten. Unter den gegebenen apparativen Randbedingungen erweist sich das Intervall von 360 bis 380 °C als praktikabel. Unterhalb von 360 °C sind die Reaktionsgeschwindigkeiten nicht hinreichend und über 380 °C sind bei dem verwendeten Reaktoraufbau und diesem geringen Grad der Automatisierung die Reaktionsgeschwindigkeiten zu schnell, um reproduzierbare Randbedingungen zu gewährleisten. Außerdem durchläuft der Reaktor bei hohen Temperaturen in der Aufheizphase bereits reaktionsrelevante Bedingungen und kann nicht mehr als isotherm betrachtet werden. Die Versuche werden im Batchbetrieb durchgeführt. Die flüssige Reaktionsphase im Reaktor wird Sumpfphase genannt. Die herausdestillierten und anschließend kondensierten Crackprodukte werden als Kondensatphase bezeichnet. Diese besteht aus einer wässrigen und einer öligen Phase. Die Desoxygenierung wird getrennt für die Sumpfphase und die ölige Kondensatphase betrachtet. Der abgebaute Sauerstoff findet sich zum einen in der Gasphase – im Wesentlichen als CO und CO2 – und zum anderen in der wässrigen Phase überwiegend als H2O. Die höchste beobachtete Ausbeute an öligem Kondensat liegt bei 380 °C in der Größenordnung von 60 wt.-% gegenüber 32 wt.-% Sumpf. Die wässrige Phase repräsentiert 1 bis 2 wt.-%, während die Gasphase in der Differenz etwa 7 wt.-% umfasst. Die Aufzeichnungen der Versuchsdaten belegen eine gute Reproduzierbarkeit der Sumpftemperaturverläufe. Dieses wird bestätigt durch die Kondensatmassenströme, die sich bei gleicher Temperatur nahezu decken. Gleiches gilt für die zeitlichen Verläufe der Brennwerte für Sumpf- und Kondensatphase. Bei der zeitlichen Betrachtung steigen sowohl in der Kondensat- als auch in der Sumpfphase die Brennwerte während der thermischen Umwandlung bei allen Temperaturen von einem Anfangswert mit leichter Verzögerung auf einen konstanten Endwert. Beim ölhaltigen Kondensat liegt der Brennwert zu Beginn bei 39,0 MJ/kg bis 39,5 MJ/kg. Am Ende steigt dieser Wert auf 43,5 MJ/kg bis 44,0 MJ/kg. In der Sumpfphase erhöht sich dieser ausgehend von dem Wert des Rohstoffes von ca. 39,5 MJ/kg zu einem konstanten Wert von knapp über 43 MJ/kg. Die Steigerung der Energiedichte ist auf die Ausschleusung von Sauerstoff aus den jeweiligen Phasen zurückzuführen. In beiden Phasen sinkt dieser Wert von anfänglich über 12 wt.-% im ölhaltigen Kondensat bzw. rund 11 wt.-% in der Sumpfphase auf unter 3 wt.-%. Der Wasserstoffgehalt ist in beiden Phasen nahezu konstant und der Kohlenstoffgehalt erhöht sich entsprechend mit dem sinkendem Sauerstoffanteil. In der Kondensatphase korrespondiert dies mit einer stetig sinkenden Säurezahl und der per GCMS-Analyse nachgewiesene sinkende Konzentration vorhandener Carbonsäuren. Im Hinblick auf einen Reaktionsmechanismus deutet ein großer Teil der gerade zu Beginn der Versuche per GCMS detektierten Carbonsäuren im öligen Kondensat auf eine bevorzugte Spaltung der Ölsäure in alpha- und beta-Stellung der Doppelbindung hin. Neben den Carbonsäuren sind Alkane und Alkene die nachgewiesenen Hauptkomponenten im ölhaltigen Kondensat. Insbesondere sind für die C16 und C18 Fettsäuren des Rapsöls die jeweiligen C15 und C17 Alkane bzw. Alkene nachgewiesen, die als Produkte von Decarboxylierungs- bzw. Decarbonylierungsreaktionen verstanden werden können. Die Bildung von Wasser deutet auf eine zeitgleiche Desoxygenierung durch Dehydratisierung hin. Die Sumpfphase zeigt zudem eine zunehmende Stabilisierung gegen thermische Beanspruchung mit Anzeichen von parallel auftretender Polymerisation und Aromatisierung. Die Stabilisierung durch Polymerisation spiegelt sich in einem stark abnehmenden Kondensatmassenstrom bei gleichzeitiger Erhöhung der Viskosität der Sumpfphase wieder. Sinkende Jodzahlen bei gleichzeitig sinkenden H/C-Verhältnissen weisen auf Aromatisierungsreaktionen hin. Steigende Versuchstemperaturen erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeiten erwartungsgemäß. Jedoch im Hinblick auf Reaktionsmechanismen lässt sich auf Basis von GCMS Analysen, Brennwerten und Elementaranalysen kein signifikanter Temperatureinfluss nachweisen. Die Modellierung der Desoxygenierung von Sumpf- und Ölkondensatphase lässt sich nicht mit einfachen Reaktionsordnungen erreichen. Ein erweitertes Modell von Parallelreaktion erster Ordnung mit autokatalytischer Reaktion erzielt hier deutlich bessere Ergebnisse. Die autokatalytische Reaktion bedeutet, dass Reaktionsprodukte entstehen, die die weiteren Desoxygenierungsreaktionen beschleunigen. Dies könnte so interpretiert werden, dass z. B. durch Esterspaltung freie Fettsäuren entstehen, die dann weitere Desoxygenierungsreaktionen unter eigener Zersetzung unterstützen. Diese Modellvorstellung wird untermauert durch die zunächst ansteigenden und dann wieder abfallenden Säurezahlen in der Sumpfphase. Die für die autokatalytische Reaktion ermittelten Aktivierungsenergien sind geringer als die für die Reaktion erster Ordnung. Somit ist die Reaktion erster Ordnung stärker temperaturabhängig als die autokatalytische Reaktion. Die Untersuchungen zeigen, dass relativ komplexe Desoxygenierungsreaktionen von Triglyceriden auf der Basis von vergleichsweise einfachen analytischen Daten interpretiert und modelliert werden können.
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