Open PPS - Konzeption eines Modells zur Produktionsplanung und -steuerung für dezentrale, vernetzte und offene Produktionswerkstätten
Publication date
2023-07-15
Document type
PhD thesis (dissertation)
Author
Hildebrandt, Lennart
Advisor
Referee
Kohl, Holger
Granting institution
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Exam date
2023-07-04
Organisational unit
Part of the university bibliography
✅
Keyword
Produktionsplanung und -steuerung
Offene Produktionswerkstatt
Fab City
Produktionsnetzwerk
Abstract
Megatrends wie die Neo-Ökologie, Urbanisierung und Individualisierung führen gegenwärtig zu neuen Wertschöpfungsansätzen. Einer dieser Ansätze ist das Städtenetzwerk Fab City, wel-ches darauf abzielt, zukünftig nahezu alles, was in einer Stadt konsumiert wird, auch dort zu produzieren. Die Bekanntheit dieses Ansatzes wurde durch jüngere Ereignisse wie die COVID-19 Pandemie oder den russischen Angriffskrieg in der Ukraine deutlich erhöht, da er aufgrund des überwiegenden Anteils an Eigenproduktion verspricht, resiliente und lokale Produktions-netzwerke mit kurzen Lieferketten sowie geringe Abhängigkeiten zu schaffen. Um diese Po-tenziale auszuschöpfen und das Ziel von Fab City zukünftig zu erreichen, bedarf es einer an diesen Anwendungsfall angepassten Produktionsplanung und -steuerung, die gegenwärtig noch nicht existiert.
Ziel dieser Arbeit ist daher die ganzheitliche Modellierung dieser Produktionsplanung und steuerung für dezentrale, vernetzte und offene Produktionswerkstätten am Fallbeispiel Hamburg. Hierfür werden zunächst die Anforderungserhebung in einer Einzelfallstudie durch halbstrukturierte Experteninterviews sowie offene und direkte Beobachtungen in unterschiedli-chen Produktionswerkstätten durchgeführt. Die anschließende Modellierung erfolgt in Anleh-nung an das House of Quality auf Grundlage des Aachener PPS-Modells. Zu diesem Zweck werden die erhobenen Anforderungen aus der Marktsicht systematisch mit Leistungsmerkma-len des Aachener PPS-Modells aus der Prozesssicht verbunden.
Als Ergebnis bietet das Open PPS Modell sowohl auf der Netzwerkebene als auch auf der lo-kalen Ebene elementare Neuerungen. Einen wesentlichen Paradigmenwechsel stellt der Fo-kus auf die Planung von Maschinenfunktionen statt von Produkten oder Produktfamilien dar, wodurch das Netzwerk gleichzeitig standardisiert und flexibilisiert wird. Außerdem sind alle Ak-teure untereinander gleichberechtigt. Hierfür sieht das Modell mit den Nutzern, Betreibern und Kunden drei heterarchische Rollen vor. Open PPS ist darüber hinaus als Planungs- und Steue-rungssystem für ein öffentlich nutzbares Netzwerk konzipiert, an das die gesamte Bevölkerung Produktionsanfragen melden kann. Die Vergabe dieser Anfragen an den jeweiligen Produzen-ten erfolgt durch ein neues und eigens entwickeltes Steuerungs- und Prioritätssystem, das die Anfragen anhand der Parameter Komplexität und Liegezeit bewertet. Neben der klassischen Form der Materialbeschaffung über Einzelbestellungen stehen auf der lokalen Ebene ferner neue und standardisierte Beschaffungswege durch die Bestellung in Kontingenten und den Materialaustausch zwischen den einzelnen offenen Produktionswerkstätten zur Verfügung, was zu einem geringeren Aufwand für die einzelnen Produzenten und zu kürzeren Lieferketten innerhalb der Stadt führt.
Einen Mehrwert bietet Open PPS als interdisziplinäres Modell grundsätzlich allen Akteuren, die ein lokales und kollaboratives Netzwerk für die urbane Produktion mit mehreren Partnern anstreben. Ein Beispiel hierfür sind die einzelnen Fab Cities, die mit ihren offenen Produktionswerkstätten ein solches Netzwerk verwirklichen wollen. Die Nutzer und Betreiber profitieren dabei von der Organisationsstruktur des Netzwerks und den klaren und standardisierten Abläufen. Die Kunden erhalten bedarfsorientiert hochgradig individualisierte Produkte und profitieren von einer zunehmenden Preisreduzierung durch das kontinuierliche Teilen von Fertigungsdaten im gesamten Netzwerk. Open PPS unterstützt damit den Fab City Ansatz in unternehmerischer Hinsicht durch die Professionalisierung der Produktion und in Hinblick auf die Forschung durch die Möglichkeit der individuellen Herstellung von Prototypen und Demonstratoren. Zudem können KMUs und große Unternehmen gleichermaßen von dem Modell profitieren. Damit leistet diese Forschungsarbeit einen wesentlichen Beitrag zur Produktionsplanung und steuerung in regionalen Netzwerken, wodurch zukünftig kurze Lieferketten und regionale Resilienz sichergestellt werden sollen.
Für die Implementierung sind als nächste Schritte die Entwicklung des User Interfaces sowie die technische Entwicklung der Schnittstellen notwendig. Anschließend kann das Open PPS-Modell testweise implementiert werden. Weiteren Forschungsbedarf wird es dann hinsichtlich der Interaktionen mit dem Modell und der tatsächlichen Anwendbarkeit geben. Außerdem wird der Abgleich der im Rahmen der vorliegenden Arbeit im Kontext Hamburg erhobenen Anforde-rungen mit Anforderungen in anderen Fab Cities und Produktionsnetzwerken Aufschluss über die Anwendbarkeit der Open PPS in anderen urbanen Räumen liefern. Nicht zuletzt ermöglicht Open PPS neue Formen kollaborativer Wertschöpfung, weshalb die Entwicklung neuer Ge-schäftsmodelle ein eigenes Forschungsfeld bilden kann. Es liegt nun an den jeweiligen Netz-werk- und Fab City Akteuren, die Ergebnisse dieser Arbeit zu nutzen, um eine Produktionspla-nung und -steuerung für ihren städtischen Raum umzusetzen.
Ziel dieser Arbeit ist daher die ganzheitliche Modellierung dieser Produktionsplanung und steuerung für dezentrale, vernetzte und offene Produktionswerkstätten am Fallbeispiel Hamburg. Hierfür werden zunächst die Anforderungserhebung in einer Einzelfallstudie durch halbstrukturierte Experteninterviews sowie offene und direkte Beobachtungen in unterschiedli-chen Produktionswerkstätten durchgeführt. Die anschließende Modellierung erfolgt in Anleh-nung an das House of Quality auf Grundlage des Aachener PPS-Modells. Zu diesem Zweck werden die erhobenen Anforderungen aus der Marktsicht systematisch mit Leistungsmerkma-len des Aachener PPS-Modells aus der Prozesssicht verbunden.
Als Ergebnis bietet das Open PPS Modell sowohl auf der Netzwerkebene als auch auf der lo-kalen Ebene elementare Neuerungen. Einen wesentlichen Paradigmenwechsel stellt der Fo-kus auf die Planung von Maschinenfunktionen statt von Produkten oder Produktfamilien dar, wodurch das Netzwerk gleichzeitig standardisiert und flexibilisiert wird. Außerdem sind alle Ak-teure untereinander gleichberechtigt. Hierfür sieht das Modell mit den Nutzern, Betreibern und Kunden drei heterarchische Rollen vor. Open PPS ist darüber hinaus als Planungs- und Steue-rungssystem für ein öffentlich nutzbares Netzwerk konzipiert, an das die gesamte Bevölkerung Produktionsanfragen melden kann. Die Vergabe dieser Anfragen an den jeweiligen Produzen-ten erfolgt durch ein neues und eigens entwickeltes Steuerungs- und Prioritätssystem, das die Anfragen anhand der Parameter Komplexität und Liegezeit bewertet. Neben der klassischen Form der Materialbeschaffung über Einzelbestellungen stehen auf der lokalen Ebene ferner neue und standardisierte Beschaffungswege durch die Bestellung in Kontingenten und den Materialaustausch zwischen den einzelnen offenen Produktionswerkstätten zur Verfügung, was zu einem geringeren Aufwand für die einzelnen Produzenten und zu kürzeren Lieferketten innerhalb der Stadt führt.
Einen Mehrwert bietet Open PPS als interdisziplinäres Modell grundsätzlich allen Akteuren, die ein lokales und kollaboratives Netzwerk für die urbane Produktion mit mehreren Partnern anstreben. Ein Beispiel hierfür sind die einzelnen Fab Cities, die mit ihren offenen Produktionswerkstätten ein solches Netzwerk verwirklichen wollen. Die Nutzer und Betreiber profitieren dabei von der Organisationsstruktur des Netzwerks und den klaren und standardisierten Abläufen. Die Kunden erhalten bedarfsorientiert hochgradig individualisierte Produkte und profitieren von einer zunehmenden Preisreduzierung durch das kontinuierliche Teilen von Fertigungsdaten im gesamten Netzwerk. Open PPS unterstützt damit den Fab City Ansatz in unternehmerischer Hinsicht durch die Professionalisierung der Produktion und in Hinblick auf die Forschung durch die Möglichkeit der individuellen Herstellung von Prototypen und Demonstratoren. Zudem können KMUs und große Unternehmen gleichermaßen von dem Modell profitieren. Damit leistet diese Forschungsarbeit einen wesentlichen Beitrag zur Produktionsplanung und steuerung in regionalen Netzwerken, wodurch zukünftig kurze Lieferketten und regionale Resilienz sichergestellt werden sollen.
Für die Implementierung sind als nächste Schritte die Entwicklung des User Interfaces sowie die technische Entwicklung der Schnittstellen notwendig. Anschließend kann das Open PPS-Modell testweise implementiert werden. Weiteren Forschungsbedarf wird es dann hinsichtlich der Interaktionen mit dem Modell und der tatsächlichen Anwendbarkeit geben. Außerdem wird der Abgleich der im Rahmen der vorliegenden Arbeit im Kontext Hamburg erhobenen Anforde-rungen mit Anforderungen in anderen Fab Cities und Produktionsnetzwerken Aufschluss über die Anwendbarkeit der Open PPS in anderen urbanen Räumen liefern. Nicht zuletzt ermöglicht Open PPS neue Formen kollaborativer Wertschöpfung, weshalb die Entwicklung neuer Ge-schäftsmodelle ein eigenes Forschungsfeld bilden kann. Es liegt nun an den jeweiligen Netz-werk- und Fab City Akteuren, die Ergebnisse dieser Arbeit zu nutzen, um eine Produktionspla-nung und -steuerung für ihren städtischen Raum umzusetzen.
Megatrends such as neo-ecology, urbanization and individualization are currently leading to new approaches of value creation. One of these approaches is the city network Fab City, which aims to produce almost everything, that is consumed in a city, in the city itself in the fu-ture. Recent events such as the COVID-19 pandemic or the Russian war of aggression in Ukraine have significantly excelled this approach, as it promises to create resilient and local production networks with short supply chains and low dependencies due to the predominant share of self-production. In order to use this potential and to achieve the goal of Fab City in the future, production planning and control adapted to this use case is required, which currently does not exist.
The aim of this work is therefore the holistic modelling of production planning and control for decentralized, networked and open production workshops using Hamburg as a case study. For this purpose, the requirements are first elicited in an individual case study through semi-structured expert interviews as well as open and direct observations in different production workshops. The subsequent modelling is carried out in accordance with the House of Quality on the basis of the Aachen PPC model. For this purpose, the collected requirements from the market perspective are systematically linked with performance characteristics of the Aachener PPC model from the process perspective.
As a result, the Open PPS model offers elementary innovations at both the network and local levels. An essential paradigm shift is the focus on the planning of machine functions instead of products or product families, which simultaneously standardizes the network and makes it more flexible. In addition, all actors are on an equal footing. To this end, the model provides for three heterarchical roles with users, operators and customers. Open PPS is also designed as a planning and control system for a publicly usable network to which the entire population can send production requests. The allocation of these requests to the respective producer is done by a novel and specially developed control and priority system that evaluates the requests ac-cording to the parameters complexity and waiting time. In addition to the classic form of mate-rial procurement through individual orders, new and standardized procurement channels are also available at the local level through ordering in quotas and the exchange of materials be-tween the individual open production workshops, which leads to less effort for the individual producers and shorter supply chains within the city.
As an interdisciplinary model, Open PPS offers added value for basically all actors who aspire to implement a local and collaborative network for urban production with several partners. An example are the individual Fab Cities that want to realize such a network with their open pro-duction workshops. The users and operators benefit from the network's organizational struc-ture and the clear and standardized processes. Customers receive highly individualized prod-ucts according to their needs and benefit from increasing price reductions through the continu-ous exchange of production data in the network. Open PPS thus supports the Fab City ap-proach from a business perspective by professionalizing production and from a research per-spective by enabling the individual production of prototypes and demonstrators. Furthermore, SMEs and large companies can benefit equally from the model. This research work thus makes a significant contribution to production planning and control in regional networks, which should ensure short supply chains and regional resilience in the future.
The next steps for implementation are the development of the user interface and the technical development of the interfaces. After that, the Open PPS model can be implemented on a test basis. The interactions with the model and its actual applicability must then be further re-searched. Additionally, the comparison of the requirements in Hamburg identified in this study with requirements in other fab cities and production networks will provide information about the applicability of Open PPS in other urban areas. Last but not least, Open PPS enables new forms of collaborative value creation, which is why the development of new business models can form a separate field of research. It is now up to the respective network and fab city actors to use the results of this work to implement production planning and control for their urban space.
The aim of this work is therefore the holistic modelling of production planning and control for decentralized, networked and open production workshops using Hamburg as a case study. For this purpose, the requirements are first elicited in an individual case study through semi-structured expert interviews as well as open and direct observations in different production workshops. The subsequent modelling is carried out in accordance with the House of Quality on the basis of the Aachen PPC model. For this purpose, the collected requirements from the market perspective are systematically linked with performance characteristics of the Aachener PPC model from the process perspective.
As a result, the Open PPS model offers elementary innovations at both the network and local levels. An essential paradigm shift is the focus on the planning of machine functions instead of products or product families, which simultaneously standardizes the network and makes it more flexible. In addition, all actors are on an equal footing. To this end, the model provides for three heterarchical roles with users, operators and customers. Open PPS is also designed as a planning and control system for a publicly usable network to which the entire population can send production requests. The allocation of these requests to the respective producer is done by a novel and specially developed control and priority system that evaluates the requests ac-cording to the parameters complexity and waiting time. In addition to the classic form of mate-rial procurement through individual orders, new and standardized procurement channels are also available at the local level through ordering in quotas and the exchange of materials be-tween the individual open production workshops, which leads to less effort for the individual producers and shorter supply chains within the city.
As an interdisciplinary model, Open PPS offers added value for basically all actors who aspire to implement a local and collaborative network for urban production with several partners. An example are the individual Fab Cities that want to realize such a network with their open pro-duction workshops. The users and operators benefit from the network's organizational struc-ture and the clear and standardized processes. Customers receive highly individualized prod-ucts according to their needs and benefit from increasing price reductions through the continu-ous exchange of production data in the network. Open PPS thus supports the Fab City ap-proach from a business perspective by professionalizing production and from a research per-spective by enabling the individual production of prototypes and demonstrators. Furthermore, SMEs and large companies can benefit equally from the model. This research work thus makes a significant contribution to production planning and control in regional networks, which should ensure short supply chains and regional resilience in the future.
The next steps for implementation are the development of the user interface and the technical development of the interfaces. After that, the Open PPS model can be implemented on a test basis. The interactions with the model and its actual applicability must then be further re-searched. Additionally, the comparison of the requirements in Hamburg identified in this study with requirements in other fab cities and production networks will provide information about the applicability of Open PPS in other urban areas. Last but not least, Open PPS enables new forms of collaborative value creation, which is why the development of new business models can form a separate field of research. It is now up to the respective network and fab city actors to use the results of this work to implement production planning and control for their urban space.
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